Worum handelt es sich bei unserem Beiwagen 1?

Produktion und Inbetriebnahme:
Der Einheitsbeiwagen (EB) 50 war der erste serienmäßig in der DDR produzierte Beiwagen. Dieser Wagentyp wurde ab 1950 durch den VEB LOWA Waggonbau Werdau hergestellt. Das Werk in Werdau gehörte der „Vereinigung Volkseigener Betriebe Lokomotiv- und Waggonbau“ an, weshalb der Typ auch als „LOWA“-Wagen bekannt ist.
Trieb- und Beiwagen wurde für die damalige DDR, UdSSR und VR Polen produziert. Nachdem die Fabrik in Werdau ab 1952 allmählich auf Kraftfahrzeugbau umstellen musste, lief 1953 die Produktion der Fahrzeugtypen ET / EB 50 aus.
Unser Beiwagen 1 wurde 1951 erbaut und bei der Straßenbahn Halberstadt als Beiwagen NL 56 in Betrieb genommen. Er ist heute der letzte Vertreter seiner Bauart auf Meterspur.
Vom Nachfolgemodell dieser Bauart, den ab 1954 im „VEB Waggonbau Gotha“ gebauten ET 54, sind mit den Triebwagen 23 und 29 zwei weitere Fahrzeuge in Naumburg erhalten.

Eine Reise nach Berlin:
In den 1970er Jahren begann man in der Gesamten DDR mit einem Großprogramm zur Instandsetzung von Straßenbahnwagen. Bei dieser sogenannten General Reparatur (GR) welche im RAW Berlin-Schöneweide durchgeführt wurde hatte man die Fahrzeuge sowohl mechanisch als auch elektrisch saniert.
Im Jahr 1970 wurde auch unser Wagen, von Halberstadt aus zum RAW Berlin-Schöneweide verbracht und zum Einrichtungswagen umgebaut. Dabei wurden auch die ursprüngliche Holzbestuhlung, Schaffnerglocke auf dem Dach und die für diese Bauart typische Wulst unterhalb der Fenster entfernt.

Umsetzung nach Naumburg (Saale)
Im generalsanierten Zustand fuhr er noch lange durch Halberstadt, bis er 1985 nach Naumburg umgesetzt wurde. Mitte der 1980er Jahre wurden vom Betrieb insgesamt wieder drei Beiwagen in angeschafft, wovon der Älteste, der Beiwagen Nr. 1 erhalten geblieben ist.
In Naumburg fuhr er von 1987 bis 1989 im Liniendienst hinter den passenden Triebwagen durch die Domstadt. Da allerdings der Betrieb zur damaligen Zeit sehr stark auf verschleiß gefahren wurde, hielt man die Fahrzeuge nur mit geringstem Aufwand in Betrieb.

Der Weg auf das Abstellgleis:
Nachdem das Fahrzeug 1989 wegen Fristablauf abgestellt wurde, war aufgrund der unklaren Situation keine erneute Aufarbeitung vorgesehen. Im Jahr 1991 wurde der Betrieb der Naumburger Straßenbahn endgültig eingestellt und somit wurde auch das vorhandene Wagenmaterial nicht länger benötigt. Glücklicherweise konnte der Beiwagen dabei vor der Verschrottung bewahrt werden. Nach unserer Vereinsgründung, ebenfalls im Jahr 1991, konnte der Verein das Fahrzeug von der Stadt Naumburg übernehmen.
Unser Projekt: Der Wiederaufbau des Beiwagen 1.

Die ersten Arbeiten beginnen:
Im Lauf der Zeit haben wir als Verein begonnen, am LOWA-Beiwagen erste Arbeiten durchzuführen. Anfang der 1990er wurde der Wagenkasten konserviert, ab 2006 wurden das Holzdach und die Regenrinne erneuert, sowie Vorarbeiten geleistet, um den Wagen wieder als Zweirichtungswagen zurückbauen zu können. Ebenso wurden Informationen und Typzeichnungen gesammelt um den Wiederaufbau zu realisieren.
Dank der Stiftung für Kultur und Sport der Sparkasse Burgenlandkreis konnten einige Sanierungsabschnitte, z.B. Herstellung und Montage der Wulst, in Angriff genommen werden.


Rückbau des Wagens bis auf das nackte Stahlgerüst:
Im Jahr 2018 konnte durch eine Maßnahme des Internationalen Bundes (IB) sowie durch den Einsatz unserer Vereinsmitglieder zunächst der Fußbodenbelag und anschließend der Holzfußboden demontiert werden.
Im Anschluss wurden die Träger von grobem Schmutz gereinigt und loser Rost entfernt. Durch die Firma WHS-Industrieservice GmbH wurden rund 60 Prozent der gesamten Träger mittels Sandstrahlverfahren gereinigt, welche anschließend von uns konserviert wurden.
Zusammen mit der Firma FMT – Schweißtechnik wurden die Träger sowie Vorrichtungen für diverse Anbauten begutachtet. Dabei wurde festgestellt, dass Trägerteile getauscht, sowie die Anbauten für die Schienenbremse erneuert werden müssen. Aufgrund der bescheidenen Werkstattausstattung für Sanierungsarbeiten im Straßenbahndepot konnten die Arbeiten zunächst vor Ort nicht weiter fortgeführt werden.
Damit eine fachmännische Aufarbeitung umgesetzt werden konnte mussten zunächst Gelder gesammelt werden, um eine Finanzierung des Projektes Stämmen zu können. An dieser Stelle möchten wir uns recht herzlich bei allen bedanken, die uns schon seit dieser Zeit bei der Bewältigung dieses Projektes unterstützt haben und dies auch immer noch tatkräftig tun.



Die Fachmännische und aktive Aufarbeitung kann beginnen:
Nachdem auch letzte Holzelemente sowie die Mechanik der Handbremse ausgebaut wurden, war das Fahrzeug bereit für eine Grundhafte Trägerinstandsetzung.
Vor dem Transport wurde durch die Firma FMT der Wagen mit Verstrebungen für die allgemeine Stabilität gesichert. Vereinsmitglieder verlegten eine Plane auf das zum Teil aus Holz bestehende Dach. Am 18.November 2019 Wurde der Beiwagen 1 durch die Pressnitztalbahn per Lkw am Hauptbahnhof in Naumburg abgeholt und nach Halle-Ammendorf gebracht.
Nach dem Grundhaften Sandstrahlen vor Ort, wurden weitere Schwachstellen sichtbar. So waren nun Träger schadhaft, welche nach den ersten Begutachtungen als intakt galten. Unter anderem war die Materialstärke durch Rost um bis zu 50 Prozent geschwächt worden. Auch Schweißnähte zeigten nicht die geforderte Qualität. Trotz der neu anfallenden Kosten beauftragten wir die geplante und neu dazugekommene Instandsetzung.
Im Oktober 2020 konnte nach vielen Arbeitsstunden die Sanierung der Hauptträgergruppen abgeschlossen werden. Weiterhin wurden im Türbereich erste Anpassungen für den Rückbau zum Zweirichtungswagen durchgeführt. Die Endabnahme der Trägerinstandsetzung erfolgte am 28. Oktober 2020 bei der „Maschinenbau und Service Gesellschaft“ (MSG) in Halle-Ammendorf.

In den darauffolgenden Jahren konnten die Metallarbeiten am Wagenkasten erfolgreich fortgeführt werden:
2021: Die restlichen Seiten- und Frontbleche wurden demontiert. Die vielen Löcher in den vertikalen, Trägern wurden zugeschweißt und verschliffen. Der Wagenkasten unterhalb der Fenster sowie die im letzten Jahr neu eingesetzten Hauptträger wurden sandgestrahlt und konserviert.

2022: Die fehlende Regenrinne am Perron auf der B-Seite wurde wiederhergestellt und die Wasserabläufe wurden nach historischer Vorlage hergestellt und montiert. Das Einsetzen weiterer Knotenbleche zur Versteifungen des Wagenkastens im oberen Türbereich war ebenfalls ein Wichtiger Schritt, um dem Wagenkasten mehr Stabilität zu geben. Ebenso konnte die die Hohlraumkonservierung der Wulst erfolgen und die Anpassung aller Fensterausschnitte und beider Zielfilmausschnitte nach historischem Vorbild.

2023: Die von uns gelieferten Seitenbleche wurden angepasst und mit Bohrlöchern für die Befestigung versehen. Gleichzeitig wurden die Deckleisten mit entsprechenden Bohrlöchern angefertigt. Aufgrund von Lieferschwierigkeiten der Farben und Lacke konnten die Arbeiten erst im nächsten Jahr fortgeführt werden.

2024: Alle bereits sanierten Trägergruppen wurden mit grauem Endlack versehen. Das Blechdach wurde behandelt und ebenfalls lackiert. Die Anfertigung der Beblechung konnte fortgeführt werden und der kompletten Wagenkasten wurde mit grauem Endlack lackiert.
Damit Endete das Kapitel für unseren Beiwagen 1 bei der MSG in Halle Ammendorf.
Leider konnten die Arbeiten aufgrund zu hoher Auslastung des Betriebes nicht weiter fortgeführt werden, sodass der Wagen Anfang 2025 in eine in der Nähe von Halle (Saale) befindliche Halle umgesetzt werden musste.
Wir möchten uns an dieser Stelle nochmal ausdrücklich bei allen Spendern, egal ob als Dauer- oder Einzelspender herzlich bedanken, dass wir es bis hier hingeschafft haben.
Doch leider liegt ein Großer Teil der Aufarbeitung noch vor uns.
Um die Arbeiten an dem Fahrzeug nun weiter fortführen zu können, benötigen wir Ihre Unterstützung! Spenden sind möglich über PayPal oder per Überweisung.
Sie möchten helfen?
Ob Unternehmen oder Privatperson – Ihre Spende auf unser Spendenkonto bei der Sparkasse Burgenlandkreis (IBAN DE89 8005 3000 3320 0228 64, BIC NOLADE21BLK) mit dem Betreff „Lowa BW 1“ fließt direkt in die Finanzierung notwendiger Arbeiten durch Fremdfirmen, um Beiwagen 1 schnellstmöglich wieder auf Naumburger Gleise zu bringen. Alternativ können Sie auch unsere bequeme Paypal-Spende nutzen, die Sie am Beginn der Seite finden.
Interessiert an einem Sponsoring?
Zahlreiche regionale Unternehmen haben in der Vergangenheit die attraktive Möglichkeit genutzt, ihre Organisation auf oder in unseren Vereinsfahrzeugen zu präsentieren. Gerne beraten Sie hier zu den vielen Möglichkeiten einer speziell angepassten Werbung, die zu diesem besonderen Fahrzeug und Ihrem Unternehmen passt.
